Interview mit Karl und Johannes über ihre Arbeit im Magistrat
Mit Karl und Johannes sprach Michaela Schremmer am 28. Februar 2022, um deren Arbeit im Newsletter 02/2022 vorzustellen:
Bevor ich Karl und Johannes online treffe, schaue ich noch einmal schnell auf der Homepage der Stadt Friedberg, wie der Magistrat aktuell zusammengesetzt ist. Den Vorsitz hat Bürgermeister Dirk Antkowiak. Die Erste Stadträtin Marion Götz ist das zweite hauptamtliche Mitglied, darüber hinaus gibt es acht ehrenamtliche Mitglieder: sieben Stadträte und eine Stadträtin.
In meiner Vorstellung ist der Magistrat auch dafür zuständig, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung umzusetzen, doch da werde ich gleich bei meiner ersten Frage eines Besseren belehrt …
Heute war Magistratssitzung. Welches sind die Hauptthemen, die euch momentan beschäftigen?
Karl: In der Hauptsache geht es bei der Magistratsarbeit um Vorlagen der Verwaltung, zu denen der Magistrat seine Zustimmung erteilen muss. Wir besprechen zum Beispiel Baumaßnahmen,die Besetzung offener Stellen und die vertraglichen Angelegenheiten der Stadt.
Der Magistrat tagt an jedem Montagvormittag. Allein das ist schon ein großer zeitlicher Aufwand. Wie viel Arbeit kommt da noch an Vor- und Nachbereitung dazu?
Johannes: In der Regel werden uns die Magistratsvorlagen am späten Donnerstagabend zugestellt. Dann haben wir über das Wochenende Zeit, diese zu lesen. Über den Inhalt der Vorlagen müssen wir Verschwiegenheit wahren, d.h., wir dürfen diese auch nicht innerhalb der Fraktion diskutieren. Man muss sehr viel Wissen aus anderen Gremien mitbringen, um die Vorlagen zu verstehen und entsprechend agieren zu können.
Karl: Der Papierstapel mit den Magistratsvorlagen der letzten 7 Monate ist inzwischen 35 cm hoch – ca. 3.000 Blätter bedruckten Papiers. Allein der Haushaltsentwurf umfasst 5 cm. Ich möchte wissen, worum es geht, und versuche immer, alles zu lesen und zu verstehen. Aber ohne politische Erfahrung, insbesondere auch in der Friedberger Kommunalpolitik, ist es sehr schwer, einen Überblick zu bekommen.
Johannes: Außer unserem Mandat im Magistrat sind wir ja auch noch für Ortsbeiräte, Ausschüsse und / oder Arbeitsgruppen zuständig. Auch hier gilt es, sich in Themen einzulesen und an Sitzungen teilzunehmen.
Das empfinde ich als sehr umfangreich für eine ehrenamtliche Tätigkeit. Der Kreis derer, die dafür in Frage kommen, scheint allein wegen der Voraussetzungen begrenzt zu sein. Führt das auch dazu, dass im Magistrat momentan hauptsächlich Männer im Rentenalter sind?
Karl: Ja, das ist sicher ein Punkt. Dazu kommt, dass eine Arbeit im Magistrat sehr schwierig ist, wenn man vorher die politischen Hintergründe und die Abläufe in der Verwaltung nicht kennt. Die Informationslage zu vielen Themen ist dürftig und vieles ist leider schlecht dokumentiert.
Johannes, du bist ja schon länger im Magistrat. Hat sich die Arbeit dort in den vergangenen Jahren verändert? Was ist deine stärkste Motivation, dich dort einzubringen?
Johannes: Das Durchschnittsalter im Magistrat ist in den letzten vier Jahren tatsächlich auf unter 70 gesunken und die Qualität der Arbeit hat sich in meinen Augen verbessert, wenn auch vieles noch nicht optimal läuft. Über manche Themen werden wir inzwischen besser informiert als früher, als es noch andere Hauptamtliche gab. Allerdings ist es noch immer so, dass die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung oder der Ortsbeiräte in der Mehrzahl die Hauptamtlichen umsetzen. Hier würde ich mir mehr Transparenz wünschen. Interessant finde ich das Zusammenspiel der unterschiedlichen Gremien. Durch meine Erfahrung aus der Magistratsarbeit kann ich Anträge im Ortsbeirat oder in der Fraktion besser unterstützen, gerade auch, wenn es um Formsachen geht. Ich sehe mich in meiner Rolle sehr stark als Mittler.
Karl, du bist seit dieser Legislaturperiode neu im Magistrat. Was sind für dich als Neueinsteiger die dringlichsten Themen, mit denen sich die Verwaltung beschäftigen muss? Was sind deine Ziele?
Karl: An der Magistratsarbeit gefällt mir sehr gut, dass die parteiübergreifende Zusammenarbeit von Respekt geprägt ist, ein offener Umgang herrscht und alle Beteiligten die Motivation haben, in der Sache weiterzukommen. Es geht hier viel weniger emotional zu als in der Stadtverordnetenversammlung.
Ein wichtiges Ziel für meine Arbeit ist, dass bestehende rechtliche Regelungen und Möglichkeiten im Umwelt- und Naturschutz, der Versorgung mit Energie und Wasser, der Daseinsfürsorge und der Stadtentwicklung insgesamt besser und konkreter umgesetzt werden – gerade auch aus Gründen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung. Das beinhaltet auch deren Finanzierung aus zusätzlichen Fördertöpfen.
Als eine dringliche Aufgabe sehe ich in diesem Zusammenhang zunächst die Öffnung der Verwaltung in Richtung Vereine, Gewerbe und Expert*innen an, um mehr Wissen verfügbar zu haben. Viele Themen sind sehr komplex und bedürfen externer Expertise. Ein anderes in meinen Augen wichtiges Thema ist die Transparenz, die Informationsweitergabe und die Dokumentation von Vorgängen in der städtischen Verwaltung. Hier wäre die Einführung eines umfassenden Prozess- und Organisationsmanagements angebracht.
Karl, Johannes, herzlichen Dank für dieses Interview und für eure Zeit. Mir hat es die Arbeit im Magistrat verständlicher gemacht. Und ich bin verblüfft, wie viele Aufgaben und Verantwortung hier von Ehrenamtlichen übernommen werden. Danke für eure Arbeit!