Unser Wahlprogramm

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Friedberg – eine liebenswerte Stadt und ihre Zukunft
    1. 1.1 Warum eigentlich?
    2. 1.2 „4 K für Friedberg“
  2. 2. Klimapolitik, Natur und Landschaft, Umweltschutz
    1. 2.1 Klimapolitik – für ein klimafreundliches Friedberg
      1. 2.1.1 Klimaschutz
      2. 2.1.2 Klimaanpassung
    2. 2.2 Wald schützen und entwickeln
      1. 2.2.1 Das wollen wir für unseren Friedberger Wald
    3. 2.3 Biodiversität, innerstädtisches Grün und Landschaftspflege
      1. 2.3.1 Was wir in Friedberg für die Biodiversität tun wollen
    4. 2.4 Ressourcenschonung, Minimalismus und weniger Plastikmüll
  3. 3. Gemeinsamkeit und Vielfalt
    1. 3.1 Partizipation gestalten
      1. 3.1.1 Frauen
      2. 3.1.2 Vielfalt leben (LSBT*IQ) – Diversität als Chance
      3. 3.1.3 Inklusion – Inklusion auch in KiTas und Vereinen
      4. 3.1.4 Integration – Neubürger*innen und Migranten*innen
    2. 3.2 Familien und Jugend fördern – für ein familienfreundliches Friedberg
      1. 3.2.1 Kinderbetreuung
      2. 3.2.2 Tagesmütter/-väter
      3. 3.2.3 Kindertagesstätten
      4. 3.2.4 Freiräume für Kinder
      5. 3.2.5 Jugendkultur
    3. 3.3 Politik für Senior*innen
    4. 3.4 Bezahlbaren Wohnraum schaffen
    5. 3.5 Politik für Obdachlose
  4. 4. Stadtentwicklung und Mobilität
    1. 4.1 Stadtplanung und Förderung
    2. 4.2 Lebendige Ortsteile
      1. 4.2.1 Ossenheim
      2. 4.2.2 Dorheim
      3. 4.2.3 Bruchenbrücken
      4. 4.2.4 Ockstadt
      5. 4.2.5 Bauernheim
    3. 4.3 Beziehung zum Umland
    4. 4.4 Mobilität zukunftsfähig gestalten
      1. 4.4.1 Bahnhof – Drehscheibe zur Welt
      2. 4.4.2 Gut zu Fuß
      3. 4.4.3 Mobilität auf (zwei) Rädern
      4. 4.4.4 Die Kaiserstraße – der neue Maßstab
      5. 4.4.5 Kaserne – Lebensqualität proaktiv gestalten
      6. 4.4.6 Elektromobilität und Carsharing
    5. 4.5 Bürgerbeteiligung und Transparenz
  5. 5. Wirtschaft
    1. 5.1 Landwirtschaft und Ernährung – Stadt und Land gehören zusammen
    2. 5.2 Handwerk und Gewerbe
    3. 5.3 Einzelhandel & Dienstleistung
    4. 5.4 Digitalisierung – Neue digitale Welt: lokal, sozial und gerecht
  6. 6. Bildung, Kultur und Sport
    1. 6.1 Bildung – für ein fortschrittliches Friedberg
      1. 6.1.1 Kindertagesstätten
      2. 6.1.2 Schulen
      3. 6.1.3 Technische Hochschule Mittelhessen (THM)
    2. 6.2 Kultur – Identität für Friedberg
    3. 6.3 Tourismus – Friedberg als Tourismusziel
    4. 6.4 Sport – für ein bewegtes Miteinander
  7. 7. Daseinsvorsorge
    1. 7.1 Wasserversorgung, Abwasser und Müllentsorgung
      1. 7.1.1 Wasser
      2. 7.1.2 Abwasser
      3. 7.1.3 Abfall
    2. 7.2 Strom- und Gasversorgung, Glasfaser
    3. 7.3 Medizinische Versorgung
    4. 7.4 Rettungswesen, Katastrophenschutz und öffentliche Ordnung

4. Stadtentwicklung und Mobilität

Gestaltungswille und Bürger*innennähe

Vision

Wir gestalten unsere Stadt Friedberg mit nachhaltigen Ideen, mit neuen Arten der Bürger*innenbeteiligung und innovativen Verkehrskonzepten. Dabei werden ebenso die Ortsteile mit ihren jeweiligen Bedürfnissen berücksichtigt. Darüber hinaus stärken wir die Stadtverwaltung, damit Verfahren zügig ablaufen können und Planungsgrundlagen besser verfügbar sind. Politisch wollen wir Friedberger Interessen in den regionalen Gremien stärker einbringen und auch gegenüber privaten Bauträgern durchsetzen. Dabei sehen wir Friedberg in seinen Beziehungen zum Umland und denken Planung übergreifend und in Kooperationen.

4.1 Stadtplanung und Förderung

Friedberg ist attraktiv als Wohn- und Lernstadt. Als Dienstleistungszentrum für die westliche Wetterau bietet es auch für (Einzel-)Handel und Wirtschaft ein gutes Umfeld. Das wollen wir erhalten und verbessern. Dazu braucht es langfristige Konzepte.

Um Fördermittel für solche Konzepte und für ihre Umsetzung einzuwerben, wollen wir ein professionelles Fördermittel-Management etablieren, das eine systematische Suche, ein Sich-Beraten-Lassen sowie professionelles Beantragen und Abrufen von Fördermitteln bei Bund, Land und EU durchführt. Dazu wollen wir fachkundiges Personal einstellen und fortbilden, ergänzend die Stadt von der Wirtschaftsförderung Wetterau bei Entwicklungsprojekten beraten und betreuen lassen. Die Kosten hierfür müssen gegen den Nutzen abgewogen werden. Friedberg könnte auch Teilhaber an der WFG (Wirtschaftsförderungsgesellschaft) werden und sich damit Gestaltungsmöglichkeiten und Knowhow sichern.

Wir fordern ein integriertes umfassendes Mobilitätskonzept für das gesamte Stadtgebiet und die Ortsteile, um bei der weiteren Entwicklung Friedbergs eine Datengrundlage zur Steuerung des Verkehrsbedarfs und der Verkehrsentwicklung zu haben. Ziel muss es sein, das Verkehrsaufkommen des motorisierten Individualverkehrs drastisch zu senken und Alternativen anzubieten. Friedberg soll mehr Freiraum für die Menschen bieten, wir wollen es attraktiv für Fuß- und Radverkehr gestalten und den öffentlichen Raum zum Wohlfühlraum machen. Stadtentwicklung ist ein mächtiger Hebel für diese Aufgabe und dieses Ziel.

Wir unterstützen den eingeleiteten ISEK-Prozess. Das Integrierte StadtEntwicklungsKonzept (ISEK) beschreibt Ziele, Handlungsfelder und Projekte für die Entwicklung von Friedberg für mehrere Jahre. Es ist ein informelles Papier, das kooperativ mit allen städtischen Institutionen, Fachplanungen und der Bürgerschaft erarbeitet wird.

Wir fordern den schonenden Umgang mit unversiegelten Flächen und werden keine neuen Baugebiete mit Ausnahme der Kasernenentwicklung unterstützen. Unser Ziel ist der Netto-Null-Flächenverbrauch. Das heißt nicht, dass nicht mehr gebaut wird, sondern eben planvoll und angemessen. Wenn Flächen neu versiegelt werden, muss an anderer Stelle ebenso viel entsiegelt werden (eine ähnliche Regelung gilt bereits beim Wald!).

Wir werden die Umlegung der B275 vorantreiben. Wir planen dabei, diese weitgehend aus den Wohngebieten der Friedberger Kernstadt herauszunehmen (Straßenführung über die Görbelheimer Hohl und das Industriegebiet Süd und den Grünen Weg). Dadurch erreichen wir eine Aufwertung Fauerbachs und mehr Gestaltungsmöglichkeiten im Stadtgebiet.

Durch eine attraktive Kaiserstraße gewinnt Friedberg insgesamt und wird als Wohn- und Arbeitsstadt aufgewertet. Das vielfältige Angebot der Einzelhändler*innen ist zu erhalten und zudem die Aufenthaltsqualität der Menschen zu verbessern. Die Kaiserstraße ist als Herz und Wohnzimmer der Stadt mit viel Grün achtsam weiterzuentwickeln. Hierbei wollen wir Ergebnisse und Forderungen aus dem ISEK-Prozess einbeziehen. Wir schlagen vor, die Wirkung verschiedener Maßnahmen befristet auszuprobieren:

  • Durchfahrtsgeschwindigkeit reduzieren
  • Stellplätze für befristete Aktionen nutzen
  • Sperrung für einige Tage bis Wochen zwischen Ockstädter Straße und Burg rund um besondere Events
  • bauliche Verkehrsberuhigung
  • Einbahnstraßen-Regelung
  • gleichberechtigter Verkehr aller Teilnehmer*innen („Spielstraße“)

Aus der Bewertung wird dann ein tragfähiges Konzept realisiert, das die verschiedenen Interessen von Einzelhandel, Bewohner*innen und Nutzer*innen berücksichtigt. (Weitere Ideen zur Kaiserstraße siehe Kapitel 4.5 und 6.3!)

Wir werden die Kaserne als CO2-neutralen Stadtteil entwickeln. Die Neubürger*innen sollen sich als Teil Friedbergs betrachten und die übrigen Friedberger*innen sollen den Stadtteil als Bestandteil der Kernstadt verstehen. Wohn-, Dienstleistungs- und Gewerbegebiet sind balanciert zu entwickeln und klimaneutral auszurichten. Nach dem Vorbild des interkommunalen Gewerbegebietes bei Nidda wollen wir den Anteil Gewerbegebiet neu planen lassen. Beim Wohnungsbau ist eine höhere Dichte (mit sozialem Wohnungsbau!) mit gleichzeitig verbesserten Grün- und Erholungsflächen anzustreben. Die Mobilität soll größtenteils ohne motorisierten Individualverkehr gedacht und geplant werden (weitere Ideen für das Kasernengelände siehe Kapitel 4.5).

Beim Umbau des Bahnhofes setzen wir uns für den Durchstich als Fußgängertunnel nach Osten ein, über eine Beteiligung des dort ansässigen Handels sollte nachgedacht werden. Wir wollen einen neuen Busbahnhof auf der Stadtseite, der seinen Namen verdient, und einen Haltepunkt an der Ostseite an der anderen Seite des Durchstichs.

Wir werden den Klimaschutzplan und den Landschaftsplan (diese werden vom Regionalverband erstellt) ernst nehmen, mit dem Wetteraukreis zusammen weitere Umweltmaßnahmen planen und dazu auch den GRÜNEN Einfluss in der Regionalversammlung Südhessen und dem Regionalverband stärken.

Friedberg soll auch wörtlich genommen grüner werden. Wir wollen einen Parkbereich entlang einer renaturierten Usa; dass mehr innerstädtisches Grün entsteht; dass das vorhandene Grün vielfältiger und bunter wird. Die Friedhofs-Reserveflächen sollen naturnah gestaltet, unsere Streuobstwiesen gepflegt werden. Wir werden darauf dringen, dass die Ausgleichs- und Kompensationsflächen so umgesetzt werden, wie in den Plänen vorgesehen. (Mehr dazu siehe Kapitel 2.3!)

Wir wollen die Kulturachse Altes Hallenbad – Burg weiterentwickeln. (Mehr dazu unter Kultur 6.2.)

Wir streben ein digitales Leerstandsmanagement für Friedberg an. Unter Leerstandsmanagement wird eine systematische Erfassung, Vermittlung und Vermietung leerstehender Gewerbe- und Wohnräume mit dem Ziel einer langfristig wirtschaftlichen Nachnutzung bezeichnet. Damit unterstützen wir bei der Vermarktung von Altimmobilien, schaffen einen „Runden Tisch: Innenentwicklung statt Neubau“ mit einer Beratungsagentur und kommunaler Beteiligung zur Umnutzung älterer Bausubstanz.

Wir wollen eine Initiative zur Förderung von Co-Working-Spaces anstoßen, z.B. auf der Kaiserstraße, dem Kasernengelände oder in gewerblichem Leerstand. Des Weiteren wollen wir Pop-up-Stores und Lernlabore mit der THM auf der Kaiserstraße ermöglichen und mehr Gelegenheit für studentisches Leben in FB schaffen.

Friedberg internationaler zu gestalten und bekannter zu machen ist ebenfalls eines unserer Anliegen. Die Partnerschaften werden dazu aufgewertet und erweitert, auch in außereuropäische Regionen. Partner hierbei soll der Europa-Club Friedberg sein. Die Verwaltung soll mehrsprachig weiterentwickelt und Personal mit Migrationshintergrund verstärkt eingestellt werden.

4.2 Lebendige Ortsteile

Für alle Ortsteile gilt: Wir wollen das kulturelle und das Vereinsleben stärken und die Dorfgemeinschaft fördern, z.B. durch die Anlage oder den Ausbau von Plätzen als Treffpunkten. In Bauernheim, Ossenheim und Bruchenbrücken sollen mehr Einkaufsmöglichkeiten und Angebote geschaffen werden, z.B. durch Markttage oder mobile Dienste wie den Büchereibus.

Die Anbindung der Ortsteile wollen wir verbessern durch Radwege, getaktete Busverbindungen (nicht nur zum Friedberger Bahnhof, sondern auch zu Einkauf und Infrastruktur in Friedberg und Bad Nauheim) sowie durch Car-Sharing-Angebote und Mitfahrmöglichkeiten.

Die Dorfgemeinschaftshäuser/Bürgerhäuser benötigen dringend eine energetische Sanierung und Photovoltaik auf den Dächern.

Der Schutz und die Aufwertung der Landschaft mit ihrem Erholungspotenzial spielen für uns eine wichtige Rolle, insbesondere die Streuobstwiesen und die Schutzgebiete. Unsere gesamte Landschaft braucht wieder vielfältige Strukturen, die mit Blüten und Deckung zahlreichen Tierarten Lebensraum bieten und das menschliche Auge erfreuen. Dann könnte ein Wetter-Wanderweg von Dorheim über Bauernheim und Ossenheim bis Bruchenbrücken allen die Schönheit der Landschaft zugänglich machen.

Jeder Ortsteil hat aber auch spezifische Stärken und Bedürfnisse:

4.2.1 Ossenheim

Ossenheim ist geprägt vom Wäldchen, von Streuobst und Wiesen – und der Ortsdurchfahrt.

Wir wollen den Durchgangsverkehr entschleunigen, mit Querungshilfen und dauerhaften Geschwindigkeits-Informationssystemen. Die Erholungsfunktion des Wäldchens soll erhalten bleiben, eine Ortsumgehung zwischen Ossenheim und dem Wäldchen werden wir vehement ablehnen!

4.2.2 Dorheim

In Dorheim findet sich ebenfalls eine reiche Naturausstattung, aber auch ein riesiger Autoabstellplatz und eine frühere Durchgangsstraße.

Unsere Vorstellung ist es, das Gelände der früheren Wetterauer Getränke-Industrie zu einem Gewerbehof zu entwickeln, auf dem auch Solarenergie-Erzeugung ihren Platz hat. Die Wetteraustraße soll einen Kreisverkehr im Süden erhalten, um die dortige Kreuzung sicherer zu machen. Ihren weiteren Verlauf wollen wir verkehrsberuhigen und umgestalten.

4.2.3 Bruchenbrücken

Da Bruchenbrücken näher an Assenheim und Ilbenstadt als an Friedberg liegt, ist es sinnvoll, den ÖPNV z.B. zu den dortigen Einkaufsmöglichkeiten auszubauen.

Bruchenbrücken wird durch das Assenheimer Neubaugebiet „Gollacker“ u.a. bezüglich des Verkehrs und der Erholungsmöglichkeiten betroffen sein. Diese Aspekte gilt es in politische Überlegungen einzubeziehen.

4.2.4 Ockstadt

Der „Plan“ und die Borngasse müssen zu einem echtem Begegnungsplatz weiterentwickelt werden. Bei der Sanierung der Friedberger Straße wollen wir auf die Belange der Radfahrer*innen und Fußgänger*innen Wert legen. Wir sind der Meinung, dass das ehrenamtliche Engagement des Fördervereins Quellwasserschwimmbad weiterhin durch die Stadt finanziell unterstützt werden muss, um den Bestand des Schwimmbades sicherzustellen.

4.2.5 Bauernheim

Für den kleinsten Friedberger Ortsteil ist wichtig, dass die Kleinsten endlich eine Kindertagesstätte vor Ort bekommen und damit Familien von langen Fahrtwegen entlastet werden. Dies kann auch eine Zweigstelle einer größeren Kindertagesstätte (z.B. der KiTas in Ossenheim oder Dorheim) sein.

An den Ortseingängen wollen wir eine Verkehrsberuhigung erreichen.

4.3 Beziehung zum Umland

Wir werden die Mandate und Funktionen, die die Stadt in den Gremien der Regionalversammlung (Raumordnung durch das Land) und im Regionalverband Rhein-Main (Flächennutzungsplanung für derzeit 75 Kommunen) hat, gestalterisch nutzen, z.B. durch Reduzierung des Flächenverbrauchs, Förderung des ÖPNV, der Energiewende usw. Ziel ist eine Entwicklung der Region, die sich an ökologischer Verträglichkeit und der Eindämmung des Klimawandels bzw. der Anpassung an diesen orientiert.

Unsere Ziele für die Regionalplanung in der Übersicht:

  • Begrenzung und mittelfristige Beendigung des Flächenverbrauchs; vorrangige Erschließung von Konversionsflächen und innerörtlichen Brachen sowie eine angemessene Verdichtung im Wohnflächenbestand
  • Neue Siedlungsflächen nur im Einzugsbereich leistungsfähiger Angebote des öffentlichen Personennahverkehrs
  • Keine neuen Wohngebiete und Gewerbeflächen auf bislang unversiegeltem Boden
  • (Um-)Gestaltung neuer und bestehender Wohnsiedlungen zur Förderung der Klimaresilienz
  • Gewährleistung wohnungsnaher Versorgung durch ein lokales Einzelhandelskonzept
  • Aktive Freiraumsicherung mit Aufwertung der ökologischen Qualität, auch zu Erholungszwecken
  • Vernetzung der Freiflächen mittels lokaler Grünzüge
  • Schutz von landwirtschaftlichen Flächen mit hoher Bodenqualität vor Bebauung
  • Stärkung einer menschen- und umweltgerechten Mobilität durch Integration unterschiedlicher Verkehrsmittel

Und wir wollen noch mehr: Im Entwurf des Regionalen Raumordnungsplanes wird vorgeschlagen, dass Friedberg und Bad Nauheim, welche jeweils Teilfunktionen eines Oberzentrums haben, zum Oberzentrum werden könnten, wenn sie eng kooperieren. Wir GRÜNE begrüßen diesen Weg. Die beiden Städte haben wenig gemeinsam, ergänzen sich aber gut. Was seit Jahren fehlt, ist Offenheit sowie eine konsequente und transparente Kommunikation. Eine GRÜN mitgestaltete Stadtregierung wird diese Gespräche sofort aufnehmen, denn für Oberzentren stehen andere und mehr Fördermittel zur Verfügung.

Wir werden uns nicht an weiteren Flächenversiegelungen um Friedberg herum beteiligen. Im Gegenteil, die ehemalige Kaserne bietet die Chance, einen großen Teil der Wohnraumnachfrage zu befriedigen, und zwar zentral und verdichtet. Darüber hinaus wird auch in den Ortsteilen nur noch Innenentwicklung zugelassen; damit werden die Ortskerne belebt.

Bei der Ansiedlung von Gewerbe wird darauf geachtet, dass tatsächlich neue Arbeitsplätze und Steueraufkommen entstehen – und das, ohne dem innerstädtischen Angebot zu schaden.

Wir fordern für Friedberg ein Bodenschutzkataster nach dem Vorbild der Stadt Wetzlar, in dem die Schutzbedürftigkeit von Böden nach verschiedenen Kriterien erfasst wird, wie Klimafunktion, Bodengüte (z.B. Nitratrückhaltung, Wasserspeicher, Ertragspotenzial), archäologische Funde, Belastungen usw., damit eine bessere Entscheidungsgrundlage für Planungsverfahren und Schutzmaßnahmen zur Verfügung steht.

4.4 Mobilität zukunftsfähig gestalten

4.4.1 Bahnhof – Drehscheibe zur Welt

Der Bahnhof ist der Haupt-Verkehrsknotenpunkt in Friedberg. Hier kommen täglich mehrere tausend Menschen an, um in Friedberg oder in die Wetterau weiterzureisen. Entsprechend müssen Busse, Leihfahrzeuge wie Carsharing, E-Scooter oder Fahrräder, Chauffeurdienste wie Rikscha oder Taxi und auch ausreichend viele Abstellanlagen für Fahrräder gut am Bahnhof platziert sein. Autoparkplätze sind im Parkhaus vorhanden.

Alle diese Angebote müssen ebenso wie der Bahnhof selbst barrierefrei für alle Reisenden zugänglich sein.

Der Bahnhof und auch der Busbahnhof sind das erste Gesicht Friedbergs, das Neuankömmlinge zu sehen bekommen. Entsprechend attraktiv sollte der erste Eindruck sein. Gut platzierte Informationen und Orientierungshilfen bieten die Möglichkeit für ein erstes Wohlfühlen und für lokale Werbung. Der Bahnhof ist aber auch Aufenthaltsort für Reisende wie Gastgeber*innen. Gemütliche Cafés, Sitzmöglichkeiten oder ein Leihklavier lockern die Atmosphäre auf. Spielmöglichkeiten für Kinder sowie attraktive Zonen für Jung und Alt sollten ebenso zum Repertoire gehören, was durch interessante Ladengeschäfte im und um den Bahnhof gesteigert werden kann. Die Anbindung an umliegende Stadtteile muss sowohl kurz als auch attraktiv sein. Ein Fußgängertunnel nach Fauerbach kann den nahegelegenen Einzelhandel sowie den Hauptfriedhof besser anbinden. Auch eine zusätzliche Busanbindung auf der Fauerbacher Seite des Bahnhofs halten wir für sinnvoll.

Der Weg zu Fuß in die Innenstadt erscheint weniger weit, wenn dort Geschäfte und Hinweise auf Sehenswürdigkeiten und Angebote zu finden sind.

Viele Menschen pendeln täglich von und nach Friedberg. Der Bahnhof bietet eine gute Anbindung an die benachbarten Zentren und die Bahn ist damit eine sinnvolle Alternative zum Individualverkehr. Die Stadt muss daher Moderatorin für das Zusammenspiel der jeweiligen Verantwortlichen wie beispielsweise Bahn AG, RMV, Taxi-Unternehmen und Einzelhändler*innen sein. Wir fordern ein aktives City-Management und eine Tourismus-Förderung, die sich an Klimaschutz und Nachhaltigkeit orientieren.

4.4.2 Gut zu Fuß

Die meiste Zeit bewegen wir uns zu Fuß durch die Stadt: für Besorgungen, zur Arbeit oder einfach für den Spazierweg. Dabei geht die Seele mit und lässt sich durch Bäume und Beete, Geräusche und durch die Pflasterung beeinflussen. Wer schon einmal durch die Lutheranlage gegangen ist, nimmt gerne einen Umweg zur Kaiserstraße in Kauf. Aus jedem Stadtteil ist zumindest ein Weg zu zentralen Orten (wie Bahnhof oder Kaiserstraße) so zu gestalten, dass man ihn gerne geht. Eine ausreichende Breite der Fußwege, eine klare Wegführung (mit Entfernungsangaben), eingebettet in viel Grün und ausreichend Abstand zum Autoverkehr gehören dazu. Alle hundert Meter eine Sitzmöglichkeit ist nicht nur für ältere Mitbürger wichtig. Übergänge und Ampelschaltungen sind sicher zu gestalten, so dass auch Schulkinder sich allein auf den Weg machen können. Zu dunkle Ecken sind ausreichend auszuleuchten.

Friedberg hat schöne Wege: an der Seewiese und entlang der Usa oder durch die Kaiserstraße, deren Geschäfte auch am Sonntag und am Abend beleuchtet sind. Hier gilt es, die Aufenthaltsqualität auf der Kaiserstraße durch die Reduzierung und Verlangsamung des motorisierten Verkehrs zu verbessern und somit die Lebensqualität für Friedberger Bürger*innen und die Attraktivität für Besucher*innen zu erhöhen.

Die zugelassene Geschwindigkeit in den Stadtteilen und der Innenstadt wollen wir im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten reduzieren, um so die Fußgänger*innen und Radfahrer*innen zu schützen und den Lärm zu reduzieren.

4.4.3 Mobilität auf (zwei) Rädern

Ein gut ausgebautes Fahrradwegenetz sollte für die Kreisstadt Friedberg selbstverständlich sein. Klare Wegführung mit einer Priorisierung vor Autos in der Innenstadt und einer sicheren getrennten Trasse außerhalb der Ortschaft sind so selten, dass es einer Herkules-Aufgabe gleicht, diesen Rückstand aufzuholen.

Wir fordern von Fuß- und Autoverkehr getrennte Radwege auf allen zentralen Routen, Fahrradstraßen auf allen Nebenstrecken, Öffnung der Einbahnstraßen, sichere Übergänge an Kreuzungen mit Linksabbiegerspuren für Fahrradfahrer*innen, Anbindung der Ortsteile und Nachbargemeinden mit ausgebauten Radwegen, die auch mit Elektro-Fahrrädern gut befahren werden können.

Zu einer guten Infrastruktur gehören ausreichend viele Fahrradabstellanlagen mit Möglichkeiten, das Fahrrad anzuschließen. Zumindest an zentralen Stellen sind diese mit Regenschutz auszubauen. An gleicher Stelle benötigen wir Fahrradverleihstationen auch mit Lastenrädern. Gemeinsam mit lokalen Fahrradhändlern*innen wollen wir Servicestationen in der Stadt einrichten, wo auch kleinere Reparaturen ausgeführt werden können. (Eine Luftpumpe am Bahnhof wäre bereits ein guter Anfang!) Ladestationen für Elektro-Fahrräder sind überall dort vorzuhalten, wo Nachfrage besteht.

Der Fahrradschnellweg, der von Butzbach nach Frankfurt verlaufen wird und besondere Anforderungen hinsichtlich Breite und Ausgestaltung hat, sollte zentral durch Friedberg führen, so dass viele Pendler*innen den Weg zur Arbeit klimaneutral und gesundheitsfördernd mit dem Fahrrad meistern und bei schlechtem Wetter schnell den Bahnhof erreichen können.

4.4.4 Die Kaiserstraße – der neue Maßstab

Die Kaiserstraße ist Friedbergs zentrale Nord-Süd-Achse und verbindet Burg, Altstadt und neuere Innenstadt und führt in ihrer Verlängerung weiter bis zum ehemaligen Kasernengelände. Um Friedberg attraktiv zu halten, muss die Kaiserstraße zur „Neuen Mitte“, quasi zum Wohnzimmer der Stadt werden, zu einer Begegnungsstätte für Friedberg. Voraussetzung ist eine hohe Aufenthaltsqualität, die wir als GRÜNE aktiv gestalten möchten.

Aufenthaltsqualität gewinnt die Kaiserstraße durch mehr Platz für die Menschen, durch ein begrüntes Umfeld, die Möglichkeit zum Flanieren, Einkaufen, Begegnen, Entspannen und Genießen, mit Raum für Sitzgelegenheiten und Spielmöglichkeiten für Kinder sowie Raum für ungestörte Außengastronomie. Insbesondere ältere Menschen und Kinder sollen sich auf der Kaiserstraße sicher fühlen können. (Weitere Ideen zur Aufenthaltsqualität siehe Kapitel 6!)

Eine veränderte Mobilität ist das zentrale Element dazu:

  • sichere Radwege, die auch künftigen Anforderungen hinsichtlich des Platzbedarfs und räumlicher Abtrennung gerecht werden
  • breite, schön gestaltete Fußwege, bei denen die Fußgänger*innen nicht mit den Autos und Fahrrädern in Konflikt geraten

Damit verringert sich auch der motorisierte Verkehr und wir können den Raum für Aufenthalt und Mobilität aller sinnvoll gestalten und bedarfsgerecht neu aufteilen.

Dieses zukunftsweisende Mobilitätskonzept möchten wir gemeinsam mit der Bevölkerung entwickeln. Durch den ISEK-Prozess gab es viele interessante Denkanstöße, die es nun gilt, konsequent fortzuentwickeln, auszuprobieren und schlussendlich umzusetzen. (Vergleiche Kapitel 4.2!)

Mit Blick auf die weitere Stadtentwicklung (z.B. Entwicklung der Kaserne) möchten wir, dass die Kaiserstraße das schlagende Herz unserer Stadt bleibt, dass sie durch ihre hohe Attraktivität die Lebensqualität der Friedberger*innen erhöht und damit zu Friedbergs Wirtschaftskraft beiträgt.

4.4.5 Kaserne – Lebensqualität proaktiv gestalten

Auf dem Kasernengelände hat Friedberg die einzigartige Möglichkeit, einen ganzen Stadtteil zukunftsweisend und klimaneutral zu gestalten.

Damit ein zusätzliches Angebot an Wohnraum nicht noch mehr Verkehr mit noch mehr verstopften Straßen bedeutet, setzen wir uns für ein Wohnquartier ein, in dem die Lebensqualität im Vordergrund steht, mit den Menschen im Mittelpunkt. Ziel ist ein Wohngebiet, das im Herzen ruhig und nach außen gut vernetzt ist.

Wie ebenfalls in der Kaiserstraße vorgesehen, gelingt dies durch mehr Platz für Grün-, Spiel- und Begegnungsflächen, eine gute Anbindung mit dem ÖPNV an die Innenstadt und für die Pendler*innen an den Hauptbahnhof. Zentraler Bestandteil ist ein durchdachtes und sicheres Rad- und Fußwegenetz mit kurzen Wegen für die Nahversorgung.

Zur klimaneutralen und raumschonenden Gestaltung gehört die lokale Bereitstellung einer entsprechenden Leih-Infrastruktur, vom (Lasten-)Rad, über E-Roller bis E-Auto.

So wird Autoverkehr ganz natürlich vermieden, und wo er noch erforderlich ist, gehört er gestalterisch an den Rand des Quartiers. Dadurch ergibt sich ein substanziell geringerer Parkplatzbedarf. Weniger Parkraum bedeutet neben geringerem Flächenverbrauch auch geringere Kosten für die Bewohner*innen.

ÖPNV – Modellstadt Friedberg

In einem verantwortungsvollen Mobilitätskonzept für Friedberg kommt einem klimaneutralen ÖPNV eine besondere Bedeutung zu.

Um breitflächig Akzeptanz zu bekommen, muss dieser

  • gegenüber heute wesentlich flexibler und günstiger werden
  • die „letzte Meile“ (Haustür zu Haustür) zuverlässig abdecken
  • eine gute Anbindung aller Stadtteile und Nachbarorte an die Innenstadt durch einen flexibleren ÖPNV bieten
  • sich mit dem Regionalverkehr optimal vernetzen

Dies ist bei einer wachsenden Stadtbevölkerung eine unerlässliche Grundbedingung zur Vermeidung von Verkehrsinfarkten, zur Verringerung der Schadstoffemissionen und zur optimalen Raumnutzung.

Wir setzen uns deshalb für kleinere Shuttle-Fahrzeuge ergänzend zu den heutigen Angeboten ein. Diese besitzen gegenüber großen Bussen eine höhere Flexibilität und können leichter in digitale Abrufkonzepte eingebunden werden.

Durch eine effiziente Vernetzung zwischen allen beteiligten Verkehrssystemen („Intermodalität“) kann der ÖPNV seine Attraktivität größtmöglich entfalten. Gleichzeitig muss der ÖPNV sich schnell an die sich verändernden Rahmenbedingungen und Bedarfe der nächsten Jahrzehnte anpassen können. Deswegen sollte darüber nachgedacht werden, einen Teil des ÖPNV direkt in die Verantwortung der Kommune zu überführen.

Die kommunalen Ebenen benötigen Spielräume sich an neuen Strukturen des ÖPNV und am Umbau des Tarifsystems direkt zu beteiligen. Wir wollen damit erreichen, dass möglichst viele Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche sowie Sozialhilfeempfänger*innen, den ÖPNV kostenlos nutzen können. Zusammenschlüsse von Kommunen sollten Einfluss gewinnen zur Durchsetzung von Kurzstreckentarifen bzw. kostenlosen Angeboten innerhalb ihres Gebietes.

4.4.6 Elektromobilität und Carsharing

Wir wollen Mobilität im Sinne der Menschen und der Umwelt neu gestalten. An entscheidenden zentralen Orten in der Stadt und den Ortsteilen sollten – als Alternative zum eigenen Auto – attraktive, bedarfsgerechte und flexible Leihangebote gemacht werden.

Das eigene Auto steht gemäß Studien im Schnitt ca. 95% der Zeit ungenutzt zu Hause oder am Arbeitsplatz herum [1], verbunden mit dem entsprechenden Ressourcenverbrauch an Fläche und Kosten.

E-Mobilität ist – neben der Vermeidung von Verkehr – ein zentraler Bestandteil der Mobilitätswende: E-Bike, E-Lastenräder, E-Roller, E-Scooter und Carsharing-Modelle mit E-Autos ermöglichen eine flexible Verkehrsgestaltung, die den Einsatz des eigenen Autos weiter minimiert und Menschen ohne Auto die Möglichkeit gibt, mobil zu bleiben.

Für eine gelungene E-Mobilität ist eine durchdachte Ladeinfrastruktur an zentralen Punkten, an Häusern, Mietwohnungen und in Parkhäusern nötig. Dabei muss der entsprechende Ladestrom aus lokalen, ökologischen Quellen stammen und zur örtlichen Wertschöpfung beitragen.

Damit auch in Friedberg die Vorteile eines Lebens ohne eigenes Auto erlebbar werden, sollte die Stellplatzsatzung der Stadt ein solches Verhalten fördern: Soweit dies rechtlich möglich ist, werden die bereitzustellenden Plätze reduziert durch Berücksichtigung der Anbindung an den ÖPNV, von Carsharing-Angeboten u. Ä.

4.5 Bürgerbeteiligung und Transparenz

Stadtentwicklung ist weit mehr als das Bauen von Straßen und Häusern: Wir wollen mit allen Bürger*innen Ziele finden und formulieren, was Friedberg für uns künftig sein soll. Friedberg steht als Kreisstadt und wichtiges Mittel- bis Oberzentrum der Wetterau im Spannungsfeld zwischen der Rhein-Main-Region und dem eher ländlichen Raum. Zudem steht unsere Stadt im Wettbewerb mit anderen Kommunen. Wo sieht sich Friedberg in 5, in 10 oder in 30 Jahren? Was zeichnet Friedberg aus? Warum leben wir gerade hier? Was macht Friedberg lebens- und liebenswert?

Ein lebendiges Friedberg bindet seine Bürger*innen aktiv in die Gestaltung der Stadt ein, damit wir alle uns hier wohlfühlen, weil wir uns gegenseitig unterstützen und wertschätzen. Die Verwaltung bietet uns den organisatorischen Rahmen für unser Wohnen, Arbeiten, unsere Mobilität und unsere Freizeit. Bürger*innen und Verwaltung können gemeinsam viel erreichen! Wir GRÜNE stehen wie wohl keine andere Partei für einen transparenten und offenen Dialog der Verwaltung mit den Bürger*innen. Wir fordern eine möglichst große Transparenz bei den Entscheidungsprozessen der Stadtverwaltung und des Parlaments.

Demokratie ist eine öffentliche Angelegenheit. Politik bedeutet, unterschiedliche Ansichten und Interessen zu diskutieren und so gemeinsam neue Lösungen zu finden, die möglichst von einer breiten Mehrheit von Bürger*innen unterstützt werden. Wir möchten, dass Friedberger*innen auf ihre Stadt stolz sein können und sich selbst als Teil dieser Stadt verstehen. Das bedeutet, dass die vielen Vorschläge, die – oft schon seit Jahrzehnten – an die Stadt herangetragen werden, endlich transparent und ergebnisoffen diskutiert und die besten Ideen anschließend auch umgesetzt werden.

Wir wollen mehr Bürger*innennähe durch neue demokratische Angebote. Dazu gehören Ideen wie Bürger*innenhaushalt und Bürger*innenrat sowie ein Jugendparlament. Wir schaffen eine Willkommenskultur für Neubürger*innen (siehe Kapitel 3.2) und mehr Möglichkeiten für sie, in der Stadtpolitik mitzuwirken, z.B. im Ausländerbeirat. Zu verschiedenen Themenschwerpunkten werden wir Runde Tische einrichten.

Letztlich gilt es, Friedberg mit all seinen Bürger*innen gemeinsam weiterzuentwickeln und lebendig zu gestalten.

Verwandte Artikel